Im zweiten Teil unseres ausführlichen Tests des SPIKE™ Prime haben wir uns die Software des Sets angesehen. Im dritten Teil möchten wir nun noch etwas genauer betrachten, wie gut der Roboter für die Schule geeignet ist. Außerdem liefern wir unser Gesamtfazit.
Aufgaben
Wie wir in der Vorstellung der SPIKE™ Prime-App im zweiten Teil unseres Tests schon beschrieben haben, beinhaltet die App den Bereich „Lerneinheiten“. Dahinter verbergen sich verschiedene Unterrichtseinheiten, die Lehrkräfte mit dem SPIKE™ Prime durchführen können. Sie gliedern sich in vier thematische Bereiche:
- „Erfinderteam“ (en: Invention Squad)
Hierbei dreht sich alles um Konstruktion und Design und wie beides von einer Problemstellung beeinflusst wird. - „Unternehmensgründung“ (en: Kickstart a Business)
In diesem Bereich sollen Schüler*innen Problemlösungen entwickeln, die von einem Computer ausgeführt werden können. Zu den Lernzielen gehört es, Fehler in der Konstruktion des Roboters oder in der Programmierung zu erkennen und zu beheben. - „Alltagshelfer“ (en: Life Hacks)
Der dritte Bereich beschäftigt sich damit, wie Daten dargestellt und manipuliert werden können. Beispiele kommen hier aus dem Alltag. So soll unter anderem ein aktueller Wetterbericht aus Cloud-Daten erstellt werden. - „Wettbewerbsvorbereitung“ (en: Competition Ready)
Dieser Bereich ist für diejenigen unter euch interessant, die planen, an einem Wettbewerb wie der World Robotic Olympiad (WRO) oder der FIRST LEGO® League (FLL) teilzunehmen. Hier lernt ihr, die Qualität eures Codes zu steigern, um euren Roboter noch präziser zu bewegen.
SPIKE™ Prime im Unterricht
Alle Lerneinheiten thematisieren leicht unterschiedliche Schwerpunkte in der Verwendung des Roboters und bieten viele Möglichkeiten für Schüler*innen, den Roboter zu verstehen und sich mit dessen Programmierung auseinanderzusetzen. Als generelle Schwerpunkte der Lerneinheiten werden die Bereiche Maschinenbau und Informatik angegeben. Die Themenbereiche beziehen sich weitestgehend auf den Alltag, um einen Realitätsbezug für die Schüler*innen zu schaffen. Gleichzeitig sollen sie einen Einblick in die Arbeitswelt mit Robotern gewinnen und sich gegebenenfalls dafür begeistern. In jedem Bereich gibt es sowohl Aufgaben für Einsteiger*innen als auch welche für Fortgeschrittene. Außerdem ist jeweils angegeben, wie viel Zeit die Einheit in Anspruch nimmt. Die Dauer reicht von 30 bis über 120 Minuten. Darüber, inwiefern diese Zeiten realistisch sind, konnten wir bisher noch keine Erfahrungen sammeln.
Für die meisten Aufgaben reicht der Inhalt des SPIKE™ Prime Basis-Sets. Das Ergänzungsset wird bisher nur für das erweiterte Fahrgestell genutzt. Dieses ist allerdings notwendig, um mit dem SPIKE™ an den genannten Wettbewerben teilnehmen zu können. Die Info, ob das Ergänzungsset für eine Aufgabe benötigt wird und ob andere Materialien erforderlich sind, findet ihr unter dem „MEHR“-Pfeil. Klickt man darauf, öffnet sich eine detailreichere Übersicht zur gewählten Aufgabe. Manche Aufgaben benötigen eine Papiervorlage, die man vorher ausdrucken muss, andere nutzen Alltagsgegenstände wie Plastikflaschen.
Schule und SPIKE™
Vorteile für Schüler*innen
Der SPIKE™ Prime soll Schüler*innen anregen, sich kreativ mit Problemen auseinanderzusetzen und dabei mit ihren Mitschüler*innen in einen Austausch zu kommen. Sie sollen individuell je nach Fähigkeiten und Fertigkeiten gefördert werden. Die Aufgaben stellen dabei immer einen Bezug zu realen Problemen dar. Wir finden dieses Konzept sehr gut, da es Robotik und Informatik als praktische Hilfsmittel zur Lösung solcher Probleme darstellt.
Der SPIKE™ Prime an sich ist sehr einfach und robust gehalten, was Einsteiger*innen einen leichten Beginn ermöglichen soll. Gleichzeitig bietet er aber auch viele spannende Programmier-Möglichkeiten für Fortgeschrittene. So kann ein Leistungsniveau für jede*n gefunden werden. Das minimiert die Gefahr, Teile der Schüler*innen einer Klasse oder AG zu unter- oder überfordern, bringt aber auch eine größere Inhomogenität mit sich.
Vorteile für Lehrkräfte
Lehrer*innen können den Einstieg eigenständig je nach Erfahrungen und Wissensstand der Schüler*innen gestalten. Sollten hierbei Schwierigkeiten oder Fragen auftreten, bietet LEGO® auf der offiziellen Website von LEGO® Education Möglichkeiten zur Unterrichtsgestaltung und Hilfestellungen an. Nach der Einführung sollen sich die Lehrkräfte weitestgehend zurücknehmen, um den Schüler*innen Freiraum für eigene Kreativität und Problemlösungsstrategien zu geben.
Unsere Meinung zum Lehrmaterial
Die Aufgaben wirken auf uns gut durchdacht. Der Alltagsbezug entspricht unseren Vorstellungen von guten Aufgaben. Ein Titel wie „Gründe ein StartUp“ mag zwar auf den ersten Blick nicht als geeignet für eine Zielgruppe in den Kassenstufen 5-8 erscheinen, die Aufgaben dahinter sind jedoch keineswegs kompliziert und unserer Meinung nach manchmal vielleicht sogar eher etwas zu einfach. Das hat aber den Vorteil, dass Neulinge (sowohl unter den Lehrkräften als auch unter den Schüler*innen) einen gut nachvollziehbaren Schritt-für-Schritt-Einstieg bekommen. Die Tipps zu den Bereichen Bauen und Programmieren bieten den Lehrkräften eine visuelle und kleinschrittige Hilfestellung zur Bewältigung der Aufgaben.
Trotzdem sollten sich Lehrer*innen vor dem ersten Einsatz des SPIKE™ Prime im Unterricht selbst schon mit dem Roboter vertraut gemacht haben, denn manches ist einfacher zu verstehen und auch zu vermitteln, wenn man die grundlegende Informationstechnik kennt. Um das Material des SPIKE™ Prime nutzen zu können, muss man aber nicht schon tief in die Welt des Programmierens vorgedrungen sein – die Basics dürften reichen. Diese können sich Lehrkräfte aber in relativ kurzer Zeit aneignen. Wir empfinden das Unterrichtsmaterial daher durchaus geeignet, um es auch als Lehrkraft ohne viele Vorkenntnisse zu nutzen. Allerdings hätten wir uns zusätzlich zu den Tipps noch einen Hinweis auf mögliche Fehlerquellen gewünscht, auf die sich eine Lehrkraft vorbereiten könnte.
Fazit
Der SPIKE™ Prime hat uns im Test überzeugt. Er ist ein guter Roboter, um Schüler*innen Programmieren und Mechanik näherzubringen, auch wenn der Preis sehr hoch ist. Durch die unbegrenzten Möglichkeiten, LEGO®-Steine zu kombinieren, fördert das Set die Kreativität und gibt einem die Möglichkeit, seinen Wunschroboter zu bauen und diesem dann mit Programmiercode Bewegungen einzuprogrammieren.
Trotzdem hat sich natürlich seit 2013, dem Jahr, in dem der EV3 auf den Markt kam, viel getan und auch die Konkurrenz hat nicht geschlafen. Man muss also auch einen Blick nach links und rechts werfen, um den SPIKE™ richtig einordnen zu können. Dabei zeigt sich, wo die LEGO®-Schöpfung ihre Stärken hat: Der Roboter funktioniert einwandfrei, die Software lässt keine Fragen offen, zum Release zeigen sich – wenn überhaupt – nur optische Makel und das umfangreiche Lehrmaterial ist von Anfang an in vielen Sprachen erhältlich. Neue Roboter auf diesem Niveau sehen wir nach wie vor selten.
Die größte Konkurrenz kommt aktuell tatsächlich aus dem Haus LEGO® selbst und zwar in Form des LEGO® Mindstorms® EV3. LEGO® positioniert den SPIKE™ so, dass er WEDO und EV3 ergänzen und nicht ersetzen soll. Über die Dauer des Tests hinweg haben wir uns trotzdem immer wieder selbst dabei erwischt, den SPIKE™ mit dem EV3 zu vergleichen und müssen sagen, dass der EV3 trotz veralteter Technik durchaus mit dem neuem Roboter mithalten kann und in manchen punkten sogar besser abschneidet: Die Motoren des Älteren sind schneller, der Akku separat aufladbar und die Kabel länger und verlängerbar. Das sind durchaus relevante Unterschiede, aber im Endeffekt muss jede*r selbst entscheiden, welche Punkte ihm oder ihr am wichtigsten sind.
Autor*innen: Felix Krawczyk, Meike Volkmer, Sarah Fleuren, Vera Straetmanns
Quellen: LEGO® Education, The Brothers Brick
Zunächst einmal besten Dank für den ausführlichen Test! Nachdem ich schon lange und gerne mit dem EV3 gearbeitet habe, habe ich mir nun das SPIKE-Set zugelegt.
Grundsätzlich bin ich recht zufrieden, bis auf einen echten Schwachpunkt: den Farbsensor im Modus „Reflexion“. Der Sensor misst das reflektierte Licht nämlich mit weißen LEDs (anders als noch der EV3, bei dem rotes Licht genutzt wurde). Diese sind sehr hell, wodurch der Sensor schon auf nur ganz leicht glänzenden Oberflächen wie der WRO-Übungsmatte (PVC) oder farbigem Isolierband selbst für tiefes Schwarz ein Wert von ca. 25% (statt 0%) zurückgibt. Das erschwert die Umsetzung von Anwendungen wie z. B. (proportionaler) Linienverfolgung, die ja bei Wettbewerben nicht ganz unwichtig ist.
Zudem ist auch der vom EV3 bekannte Block zur Kalibrierung des Farbsensors weggefallen (warum eigentlich?). Man kann zwar die Min- / Max-Werte des reflektierten Lichts auslesen und softwareseitig verarbeiten. Das ist aber recht aufwändig, zumal der Farbsensor innerhalb eines sehr kleinen Bereichs vom minimalen zum maximalen Wert wechselt.
Vielleicht gibt’s ja auch einen Workaround oder Tipps, wie man das Thema in den Griff bekommt? Oder Lego schafft (irgendwann) die Möglichkeit, das LED-Licht zu dimmen oder die Segmente einzeln abzuschalten…
Lego Mindstorms EV3 wird nicht mehr produziert. Somit kann es auch nur bedingt als Nachfolger-Variante ab Klasse 9 herhalten. Die neue blockbasierte EV3-Variante genauso wie die Spike-Programmierumgebung stellt in verschiedenerlei Hinsicht einen großen Rückschritt dar. Seit 10 Jahren nutze ich für den Kurs Roboterprogrammierung im Rahmen des MINT-Unterrichtes Möglichkeiten zur Messwerterfassung und Auswertung. Ein Beispiel: Nachweis der gleichförmigen Bewegung durch Messung mit dem Ultraschallsensor. Die Messwerte werden vom EV3 auf den PC übertragen und dann in Excel ausgewertet. Auch das fehlende Display beim Spike ist ein großer Nachteil. Bisher habe ich beim Spike auch noch keine Möglichkeit gefunden, Daten mit Bluetooth auszutauschen.
Großartig finde ich die Möglichkeit, den Spike mit Python zu programmieren. Das eröffnet neue Möglichkeiten für den Einstieg in die Programmierung mit Python.
Ich habe 20 Spike-Prime-Kästen herumstehen und wollte eigentlich zum nächsten Schuljahr von EV3 auf Spike umsteigen. Die fehlenden Möglichkeiten Messwerte der Sensoren zu erfassen und auf das mobile Endgerät zu übertragen, halten mich jedoch davon ab. Vllt. gibt es ja noch Erweiterungen zum Thema Messwerterfassung.