Cozmo, der verspielte Roboter, ist in aller Munde. Seit September 2017 gibt es den kleinen Roboter auch in Deutschland zu kaufen. Anki, der Hersteller von Cozmo, ist dem einem oder anderen von euch eventuell durch seinen modernen Carrerabahn-Konkurrenten Anki Overdrive bekannt. Anki ist ein US-amerikanisches Unternehmen, welches sich nach eigenen Angaben auf „Roboter-Technologie als Unterhaltungsmedium für den Alltag“ spezialisiert hat. Da Cozmo letztes Jahr den Weg auf den deutschen Markt gefunden hat, wollten wir es uns nicht nehmen lassen, den kleinen Roboter für euch zu testen.
Was macht Cozmo einzigartig? Cozmo hat einen eigenen Kopf, er fährt auf dem Tisch herum, ohne dass dies gesteuert wird. Cozmos Augen bewegen sich andauernd, wodurch ein menschlicher Eindruck entsteht. Seine Kopfbewegungen vermitteln den Eindruck, er würde seine Umgebung erkunden. Die Gesichtserkennung und das Reagieren auf Menschen oder Haustiere, sowie die Verwendung von Emotionen, Gestik und Mimik ist das, was Cozmo eine Persönlichkeit verleiht. Dazu soll Cozmo durch künstliche Intelligenz und „Machine Learning“ immer mehr dazu lernen. Theoretisch bietet er also endlose Möglichkeiten, immer neue Funktionen oder Reaktionen an ihm zu entdecken.
Was bringt Cozmo mit und was nicht?
Was an dem Paket, in dem der Roboter geliefert wird, sofort ins Auge sticht, ist Cozmo selbst, der oben auf der Verpackung thront. Im Karton befinden sich drei „Leucht-Würfel“, sowie eine Ladeschale mit einem festen, ungefähr einen Meter langen USB-Kabel. Jedoch wird kein USB-Netzteil für die Ladeschale mitgeliefert. Sie kann allerdings mit jedem Smartphone-USB-Netzteil oder PC-USB-Anschluss an die Stromversorgung angeschlossen werden. Zu guter Letzt ist noch eine bebilderte Inbetriebnahmeanleitung dabei. Für diesen Umfang wird ein Preis von 161,99€ erhoben; die schwarze Sammleredition liegt bei 199,95€.
Neben dem Netzteil muss außerdem ein Smartphone oder Tablet vorhanden sein, auf welchem ihr die Cozmo App installieren könnt. Da Cozmo über WLAN mit dem Smartphone oder Tablet verbunden wird, ist die Liste der unterstützten Geräte recht lang. Eine Liste dieser Geräte hat Anki auf seiner Website veröffentlicht.
Trotzdem gibt es Probleme mit der Verbindung über WLAN bei vielen Huawei-Geräten sowie auf allen Android-Geräten, die mit einem Intel-, AMD- oder Atom-basierten x86- oder x64- Prozessor ausgestattet sind. Alle Anki bekannten Probleme findet ihr auf einer eigenen Website. Hier werden neben Verweisen auf inkompatible Geräte auch Hilfestellungen für Verbindungsprobleme gegeben.
Die Hardware
Cozmo
Werfen wir erst einmal einen genauen Blick auf Cozmo. Der Roboter besitzt insgesamt vier Motoren und über 50 Zahnräder, die ihm eine Vielzahl an Bewegungen ermöglichen. Ein kleiner Motor ist für die Bewegung des Kopfes zuständig, ein größerer für den Hebelarm und zwei große Motoren betreiben den Kettenantrieb, welcher der Fortbewegung bzw. Lenkung dient.
In Cozmos Kopf ist ein OLED-Display mit einer Auflösung von 128 x 64 Pixel verbaut. Auf diesem Display werden Cozmos Augen angezeigt, die eine erstaunliche Vielfalt an Emotionen darstellen können. Sein „echtes“ Auge befindet sich unterhalb des Displays in Form einer VGA Kamera, die mit 30 Bildern pro Sekunde aufnimmt. Außerdem verbaut sind mehrere Sensoren, darunter viele interne, mit denen Cozmo zum Beispiel seine Arm- oder Kopfposition prüft. Auf der Unterseite befindet sich ein weiterer Sensor, mit dem Cozmo erkennen kann, ob er der Tischkante oder einem anderen Abgrund zu nahe kommt. Hier befinden sich außerdem zwei Konnektoren, über die Cozmo aufgeladen wird, wenn er in der Ladestation steht.
Zusätzlich hat Cozmo einen Lautsprecher integriert, über den er mit euch redet, singt oder einfach nur Töne von sich gibt.
Auch wenn es offensichtlich ist, möchten wir erwähnen, dass Cozmo ein fertiger Komplettroboter ist. Somit ist er nicht erweiterbar oder änderbar, wie ihr es von LEGO® kennt.
Insgesamt macht das Kunststoffgehäuse einen sehr wertigen Eindruck, wenn es auch nicht an die bekannte LEGO®-Qualität herankommt. Anki sagt dazu auf der Website: „Cozmo ist robuster als er aussieht und hat sich in Falltests bewährt. Seine über 300 Bauteile sind speziell auf eine lange Lebensdauer ausgelegt.“ Wie viel unter „langer Lebensdauer“ zu verstehen ist, können wir nur spekulieren. Wir können aber bestätigen, dass unser Cozmo den ein oder anderen Sturz von der Tischkante unbeschadet überlebt hat.
Die Lichtwürfel
Die drei Würfel sind genauso bedeutend wie Cozmo selbst. Sie bestehen, anders als Cozmo, aus einem matten Kunststoff. An den oberen vier Kanten jedes Würfels sind jeweils RGB-LEDs hinter einer Abdeckung angebracht, wodurch die Würfelkanten in acht verschieden Farben leuchten können. Die acht Ecken sind mit Gummi überzogen, was ein wegrutschen minimiert. An den Seiten sind Logos angebracht, an denen Cozmo erkennt, welche Seite von welchem Würfel er vor sich hat. Jeder Würfel hat einen Bewegungssensor integriert, welcher ein Antippen oder Schütteln des Würfels registriert und die Daten über Bluetooth Low Energie kommuniziert.
Für den benötigten Strom sorgt jeweils eine LR1 Batterie. Dies ist leider keine in Deutschland üblichen Batteriegröße. Anki gibt jedoch an, dass die Batterien mindestens 20 aktive Spielstunden durchhalten.
Mit der App fängt es an
Zur Inbetriebnahme muss Cozmo in seine angeschlossene Ladeschale gestellt werden. Dies ist auch im späteren Betrieb die einzige Möglichkeit Cozmo einzuschalten. Nach ein paar Sekunden erscheinen auf Cozmos Display Zugangsdaten zu einem WLAN, das vom Roboter ausgesendet wird. Wenn ihr euch mit einem Handy oder Tablet mit diesem WLAN verbunden habt, ist jedoch die Verbindung zu eurem Heimnetzwerk und Internet getrennt. Ihr surft dann also über das Datenvolumen eures Mobilfunkvertrages. Darum solltet ihr die Cozmo-App aus dem GooglePlay- oder Apple Store herunterladen, bevor ihr euch mit dem WLAN des Roboters verbindet.
Wenn euer Gerät (Smartphone oder Tablet) mit Cozmos WLAN verbunden ist, kann es in der App weitergehen. Sobald die App die Verbindung mit Cozmo registriert hat, erwacht er in seiner Ladeschale. Wenn Cozmo „wach“ ist, fährt er im Raum herum und scannt das Gesicht der Person, die er als erstes sieht. Ihr könnt euren Namen eingeben und Cozmo ordnet ihn eurem Gesicht zu. Die Gesichtserkennung von Cozmo funktioniert größtenteils gut und wenn er euer Gesicht wiedererkennt, spricht er euren Namen aus.
Umgang mit Cozmo
Wie weiter oben schon erwähnt, finden wir Cozmos theoretisches Potenzial sehr beachtlich, aber werfen wir zunächst einmal einen Blick auf die Praxis. Die primäre Interaktionsmöglichkeit zwischen euch und Cozmo ermöglichen die drei Würfel. Die Würfel sind daher sehr wichtig, denn Cozmo bildet quasi eine Einheit mit ihnen.
Die Interaktionen zwischen Cozmo und den Würfeln sind sehr vielseitig – dieser besondere Roboter ist nicht innerhalb eines Tages komplett erkundet und wir können in diesem Artikel auch nicht alle seine Funktionen ausführlich beschreiben. Sie lassen sich jedoch in drei große Bereiche einteilen. Ein Bereich ist das Sorgen um Cozmo. Der zweite Bereich umfasst sowohl das Spielen als auch das Entdecken. Der letzte Bereich ist das Programmieren von Cozmo. Die drei Bereiche sind sehr unterschiedlich. Darum wollen wir sie euch in den folgenden Abschnitten einzeln kurz vorstellen.
Für Cozmo sorgen
Cozmo möchte wie ein Haustier gefüttert, gepflegt und unterhalten werden. In der App übernehmen das drei getrennte Bereiche: „Füttern“, „Tuning“ und „Spielen“. Seine Bedürfnisse werden, ähmnlich wie beim Computerspiel „Die Sims®“, in Balken dargestellt, die auf der Startseite der App in blau, rot und gelb angezeigt werden. Wenn Cozmos Bedürfnisse nicht erfüllt werden, ändert sich sein Gemütszustand.
Um ihn zu füttern, muss man einen der drei Würfel schütteln, bis dieser blau leuchtet und ihn vor Cozmo stellen. Cozmo fährt dann an den Würfel heran und „saugt die Energie auf“.
Der Bereich „Tuning“ beinhaltet ein kleines Minispiel, bei dem Cozmos Motoren kalibriert werden sollen, indem sie eine kleine Sequenz von vier Bewegungen ausführen. Insgesamt benötigt Cozmo täglich ein wenig Futter oder Tuning. Dass Cozmo verhungert, ist jedoch nicht zu befürchten.
Mit Cozmo spielen
Das Spielen ist neben dem Füttern und dem Tuning das dritte von Cozmos Bedürfnissen, welches er jeden Tag erfüllt sehen möchte. Er ist allerdings generell immer bereit mit euch zu spielen, wenn ihr es wollt. Für die Spiele sind Würfel unbedingt erforderlich. Alle drei Spiele funktionieren, indem Cozmo auf die Würfel zeigt oder diese antippt und dabei gegen euch spielt. So muss man bei einem Spiel einen der Würfel immer näher an Cozmo heran schieben. Schafft es Cozmo, mit seinem Hebearm den Würfel zu berühren, bekommt er einen Punkt – zieht ihr den Würfel schnell genug weg, geht der Punkt an euch. Die Spiele sind eher Minigames, welche nicht länger als fünf Minuten dauern. Mit Cozmo zu spielen, ist jedoch manchmal recht schwierig, denn er reagiert trotzig, wenn er verliert oder fährt dahin, wo er möchte.
Ein weiterer sehr spannender Modus ist der Erkundungs-Modus, in dem ihr Cozmo über die App fernsteuern könnt. Cozmos Kamera liefert dabei ein Livevideo an das Tablet und durch Neigen des Tablets nach rechts oder links kann Cozmo gelenkt werden. Des Weiteren können sein Kopf und sein Hebearm hoch- und runtergefahren werden. Cozmo wird kurzum zu einer Art ferngesteuertem Erkundungsroboter.
Das Programmieren
Nun sind wir in dem Bereich angekommen, der uns auf Brickobotik am meisten interessiert und zwar das Programmieren. Cozmo zu programmieren ist jedoch so vielschichtig, dass wir uns entschlossen haben, bei Interesse einen ausführlichen separaten Artikel drüber zu schreiben. Eine kleine Übersicht wollen wir aber an dieser Stelle schon liefern. In der Cozmo-App findet ihr unter dem Menüpunkt „Erkundung“ das „Code-Lab“; dort kann auf zwei verschiedene Arten Code für Cozmo geschrieben werden. Darüber hinaus gibt es ein fortgeschrittenes SDK (Software Development Kit).
„Sandbox-Modus“
Der simpelste Editor, der im Code-Lab zu finden ist, trägt den Namen „Sandbox-Modus“ und ist eher für Einsteiger gedacht. Der Sandbox-Modus ist aufgebaut wie die Oberfläche, die euch vielleicht vom LEGO®-Boost oder WeDo bekannt ist. Die unterschiedlichen Motor- und Sensorblöcke werden an einen „Startblock“ geheftet und durch Kontrollflussblöcke wie Warten oder Wiederholen kann das Programm geregelt werden.
„Constructor-Modus“
Der Constructor-Modus ist der deutlich mächtigere der beiden in der App vorhandenen „Code-Lab“-Modi. Darum ist er aus unserer Sicht eher geeignet für diejenigen, die Erfahrungen mit Programmiersprachen sammeln möchten. Er verfolgt das Prinzip eines halbgrafischen Editors. Hier werden wie beim „Sandbox-Modus“ verschiedene Blöcke eingesetzt, welche jedoch statt Piktogrammen Pseudocode zur Darstellung nutzen. Damit wird der Umstieg von Blöcken auf Code stark vereinfacht.
Das Cozmo-SDK
Anki stellt für Cozmo ein komplett kostenloses SDK (Software Development Kit) zur Verfügung. Einige US-Universitäten setzen dieses sogar in der Lehre ein. Gerade die künstliche Intelligenz und „Machine Learning“ sind in den Fächern Informatik und Robotik sehr zukunftsweisend.
Neben Student*innen kann sich jedoch auch jeder andere Cozmo-Fan darüber freuen, denn das SDK bietet die Möglichkeit, weit über die Grenzen der App hinaus zu gehen. Die Bedingung für die Nutzung ist jedoch das Beherrschen der Programmiersprache Python, da der Code für Cozmo über das SDK in dieser Sprache geschrieben ist.
Calypso
„Calypso for Cozmo“ ist eine etwas andere Art der Programmierung, die nicht von Anki sondern von der Firma Calypso entwickelt wurde. Das Besondere an dieser Software ist, dass man Cozmo mit ihr neue Spiele beibringen kann. Der Vorteil gegenüber dem SDK ist, dass keine Programmiersprache wie Python erlernt werden muss, denn die Bedienung erfolgt über eine graphische Oberfläche. „Calypso for Cozmo“ befindet sich zurzeit noch im Alpha-Stadium, also in einer frühen Demo-Version der Entwicklung. Diese kostet aktuell ca. 15$. Wir werden die Software für euch weiter beobachten.
Unsere Einschätzung
Das schönste Szenario wäre es, zu sehen wie ein Kind anfängt, mit Cozmo zu spielen, Interesse am Programmieren entwickelt und sich zunächst den Umgang mit dem Sandbox-Modus aneignet. Für die erweiterten Funktionen könnte es dann den Constructor-Modus nutzen und später vielleicht sogar Spaß an der SDK finden. Realistisch betrachtet schätzen wir, dass das spielerische Programmieren lernen gelingen kann, aber nicht muss. Die Bereiche „Spielen“ und „Programmieren“ sind nämlich noch zu sehr voneinander abgegrenzt, da es nicht nötig ist, die Programmiermöglichkeiten zu nutzen, um mit Cozmo zu spielen. Daher ist es fraglich, ob ein Kind, das mit Cozmo spielt, auch auf die Idee kommt, ihn zu programmieren. Unser Wunsch wäre es, Bereiche wie „Füttern“ oder „Spielen“ mit leichten Programmieraufgaben zu vermischen – so würden die Übergänge weicher.
Dazu kommt, dass der Roboter als Spielzeug ohne den Programmieraspekt sehr stark eingeschränkt ist. So gibt es bisher nur drei Spiele, die Cozmo beherrscht. Da sein Hebearm ausschließlich für seine Würfel passgenau ist, sind andere Gegenstände schlecht mit ihm kombinierbar. Mehr Zubehör (also nicht nur Ersatzteile wie die wechselbaren Ketten, sondern z.B. andere Würfel, die mehr Funktionen bieten) wäre ein begrüßenswerter Ansatz.
Cozmo hat so viele unterschiedliche Facetten, darum ist es wirklich schwierig, ihm in einem einzigen Artikel gerecht zu werden. Er ist sowohl ein digitales Haustier als auch ein Roboter mit Charakter. Außerdem kann er das Sprungbrett in die Programmierung sein. Ob die Beschäftigung mit Cozmo tatsächlich bei vielen Kindern Interesse an Roboter-Programmierung weckt, muss sich erst zeigen.
Fazit
Kein anderer Roboter hat eine solche Persönlichkeit wie Cozmo. Beim Schreiben des Artikels fällt einem immer wieder auf, wie oft man ihn mit einem Lebewesen vergleicht und ihm einen eigenen Charakter zuspricht. Das Konzept eines Roboters mit Persönlichkeit scheint also aufzugehen. Ob auch das Konzept des spielerischen Lernens aufgeht, liegt an den Benutzern, also an euch. Wir finden Cozmo ist ein hervorstechender Roboter. Auf unseren kleinen Roboter wartet schon das nächste Projekt. Wenn ihr mehr von Cozmo wissen wollt oder selber eigene Erfahrungen gemacht habt, teilt uns diese in den Kommentaren mit.
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