Im Unterricht mal eben ein Experiment zeigen? Das kann je nach Experiment zu einer zeitlichen, finanziellen und/oder logistischen Herausforderung werden. Auch Ausflüge in eine Forschungseinrichtung sind nicht immer möglich. Das Projekt „Ring-a-Scientist“ möchte hier Abhilfe schaffen.
Internationales Flair
Online ist das Projekt seit Juni 2017. Aber angefangen hatte alles schon lange vorher im Kleinen. Kerstin Göpfrich, Synthetische Biologin und Gründerin des Projekts, hat bereits vor „Ring-a-Scientist“ regelmäßig Videochats mit Schulklassen geführt. Aus dieser Erfahrung heraus haben sie und Mitgründer Karl Gödel die Plattform entwickelt. Sie bietet Wissenschaftler*innen die Möglichkeit, ein Profil über sich und ihre Expertise anzulegen. Lehrkräfte, Museen oder auch Journalist*innen können die Forscher*innen dann über ihr jeweiliges Themenfeld oder auch direkt über den Namen suchen, finden und kontaktieren.
Bisher wurden etwa 40 Videotelefonate über die Website des Projekts vermittelt – die meisten davon aus Deutschland. „Wir und alle Ring-a-Scientists würden sich aber natürlich über viele weitere Anfragen freuen“, betont Göpfrich. „Bislang liegt das größere Interesse aber eher auf Seiten der Wissenschaftler*innen.“
Über 100 Profile wurden auf der Seite bereits angelegt. Darunter auch internationale Profile wie die von Lorenz Adlung, Postdoc am Weizmann Institute of Science aus Israel oder Kyle Niemeyer, der eine Assistenzprofessur an der Oregon State University inne hat.
Einblick in die Arbeitswelt
Mathias Magdowski unterrichtet Elektrotechnik an der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg. Er sieht die Vorteile des Projekts besonders in der Verknüpfung von Lern- und Arbeitswelt: „Das Projekt verbindet Expert*innen aus der echten Lebens- und Arbeitswelt mit der ansonsten sehr abgeschlossenen und inhaltlich streng durchgeplanten Scheinwelt der Schule. Viele Lehrer*innen haben als Schüler*innen und Student*innen selbst nur einen schulischen Alltag erlebt und deshalb relativ selten einen längerfristigen Einblick in die tatsächliche Arbeitswelt, beispielsweise in einer öffentlichen Einrichtung, einem Handwerksbetrieb, einem Industrieunternehmen oder eben einer Forschungseinrichtung erlangen können. Die Schüler*innen machen meiner Meinung nach meist auch viel zu selten, zu kurz und zu spät Berufspraktika, um sich selbst ein Bild zu machen. Hier bringt Ring-a-Scientist zumindest Schulen und Forschungseinrichtungen miteinander ins Gespräch und ermöglicht Schüler*innen einmalige Einblicke in aktuelle Forschung.“
Natürlich könne auch der Umfang der Experimente ausgeweitet werden, wie der Elektrotechniker ausführt. „In der Elektrotechnik gibt es bereits viele spannende Experimente, die man in der Schule machen kann. Die beschäftigen sich meist aber eher mit grundlegenden physikalischen Phänomenen wie dem Induktionsgesetz. Gerade wenn es aber um die praxisrelevante Anwendung geht, beispielsweise beim kontaktlosen induktiven Laden von Elektrofahrzeugen, sind die Experimente für den Schulalltag zu aufwendig. Trotzdem sind solche Experimente für die Schüler*innen sehr interessant, weil man direkt sieht, warum das Induktionsgesetz so wichtig ist, wozu es angewendet wird, welche Probleme dabei auftreten und welche Fragestellungen sich bei der technischen Entwicklung ergeben. Für eine Forschungseinrichtung ist es technisch und fachlich nicht allzu schwierig, hier einen Transfer zu leisten.“
Livechat ins Museum
Er selbst wurde noch nicht für einen Videochat angefragt. Wie Kerstin Göpfrich möchte aber auch Magdowski Lehrer*innen zu mehr Mut bei der Gestaltung ihres Unterrichts auffordern: „Meines Erachtens mangelt es dem Projekt (noch) etwas an Sichtbarkeit an den Schulen. Außerdem könnten die Lehrer*innen mal etwas mutiger sein, ausgetretene Pfade zu verlassen und sich auf neue, externe Dinge einzulassen.“
Etwas Neues gewagt hat in der Ring-a-Scientist-Vergangenheit die Technische Sammlung Dresden, indem sie über die Website einen Kontakt für eine „Lange Nacht der Wissenschaft“ anfragte. Aber eigentlich schwebt den Projekt-Gründer*innen hier noch etwas anderes vor: „Wir Wissenschaftler*innen lassen die Webcam einfach im Labor laufen, während wir unserer Arbeit nachgehen. Dieses Livevideo wird dann ins Museum übertragen. Besucher*innen können, während sie durch die Ausstellung gehen, mit der Person im Labor ins Gespräch kommen. Der Zeitaufwand hält sich in Grenzen, schließlich sind ja bereits jetzt genug Wissenschaftler*innen auf der Plattform, dass man Wochen füllen könnte – auch wenn jede*r einzelne die Webcam nur für eine Stunde einschaltet.“